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Lletres: Angizia. 39 Jahre Für Den Leierkastenmann. Unterstadt-Oberstadt-Zirkusstadt.


?Unterstadt-Oberstadt-Zirkusstadt? verdeutlicht eine politisch wie satirisch
gemeinte Botschaft in einem komisch-humoristisch gefarbten Hierarchiedenken.
In der Unterstadt lebt der Arme, der Bettler, das Kind, der Unmundige. In
der Oberstadt lebt der Reiche, der Philister, der Konig, der Kaiser, der
Edelmann. Die ?Zirkusstadt? als idealistische Konstruktion ist die gro?te
Fiktion der Judenbuben geblieben. Das Zusammenfuhren aller
Gesellschaftsschichten mit dem Bettler im Zentrum der Komik bzw. im Zelte
der Zirkusstadt, ware schlussendlich die wichtigste Kreation der
Weltkriegszeit gewesen. Sich uber Juden tot zu lachen hat nichts Komisches;
erst dann wenn der ?Unterstadter? und der ?Oberstadter? gemeinsam uber den
Gaukler lachen konnen, zeigt sich der sozial-kommunikative Gehalt der Komik.
Ein enttauschter und pikierter Clown erzahlt Ihnen und beklagt, dass die
Sitzreihen um die Manege herum frei bleiben, wenn er sich in schwieriger
und muhsamer Zeit der Komik unterwirft. Er mochte Unterstadter und Oberstadter
zusammenfuhren und Soldaten und Kanonen aus dem Zelte ausschlie?en.
Wahrend hier im Zirkusrund Clowns und Gaukler tollen, zermurben sich au?erhalb des
Zirkuszeltes Soldaten und Krieger, die keinen Platz in der Manege finden
konnen und wollen. Sehen Sie dieses Stuck gleichzeitig als satirische
Auseinandersetzung und penible Begegnung zwischen Zorn und Komik, Soldaten
und Pazifisten sowie zwischen Konventionalisten und Nonkonformisten. Die
Komik klagt an: ?Es lebe die Zirkusstadt. Es lebe der fidele Ton, das
Gelachter gezeichneter Frauen und Manner, die dem Kriege zum Trotz einen
Platz gefunden haben, der sich ?Zirkusstadt? nennt.?

[ERZAHLER]

Ein Clown als Herr der fidelen Welt
Stand gramig in seinem Zelt...

Der Clown klagt an, denn wo bleibt der Mann,
Der munter seiner Komik front.
Er gramt sich bang?, wenn ein froher Mann,
Nicht heiter aus dem Zelte tont:

[DER CLOWN ALJOSCHA]

Herein, arm Volk, die Zirkusstadter tanzen schon!
Herein, arm Volk, der Gaukler lasst euch euren Lohn!

[DER CLOWN SERJOSCHA]

So klatscht euch wund in der Zirkusstund?,
Ja grient und lacht in den unsren Schacht.

[DER CLOWN ALJOSCHA]

Verschanzt euch nur, blasiert und stur.
Verprasst das Geld hier im Zirkuszelt.

[DER CLOWN SERJOSCHA]

Schenk mein fein Herr nun dein Herz her!
Griene - Weine - Nimm das Meine!

[DER CLOWN ALJOSCHA]

Lach? fur diese Bettlernacht,
Lach feig? Hoheit, lach? und lach?.
Klatsch? in deine Hande sacht?,
denn, mein Konig: ?Dies ist Macht!?

Zeig dich hier im Bettlertum,
Lass dein Herz im Zelte ruhen.
Blech? doch unsre Zirkuspacht,
denn, mein Konig: ?Dies ist Macht!?

[DER CLOWN SERJOSCHA]

So klatscht euch wund in der Zirkusstund?,
Ja grient und lacht in den unsren Schacht.

[DER CLOWN ALJOSCHA]

Verschanzt euch nur, blasiert und stur.
Verprasst das Geld hier im Zirkuszelt.

Reinun Perlmann war der einzige der Buben, der das judische Lemberg mit
wehmutigem Geigenspiel und offiziellem Traditionell versu?te; Juden aus
Ungarn, und dem Russischen Reich kamen unentwegt angereist, um Reinun
Perlmanns Spielkunst zu lauschen. Kaum ein Violinist besa? die Fahigkeit,
derlei virtuos mit der rechten Hand zu streichen; die Gewohnheit Reinuns
mutierte zur Attraktion, zum Stolze Lembergs: Ehe er es wusste war er
Lembergs Held und ?Konig der Musikanten? gewesen. Als er 1920 mit Elias,
Mehmet und Ithzak aus Lemberg fort zieht, ?ertrinkt? das geistliche Lemberg
in furchterregender Stille, noch unwissend, dass sie au?er Elias Hohlberg
allen noch einmal begegnen werden. Im Juni 1938 erfahrt die Geschichte um
den ?Konig der Geigen? eine fatalistische Wende. Die Deutschmanner hacken
dem jungen Perlmann, trotz dessen Flehen, seine fur das Spiel notwendigen
Extremitaten verschont zu lassen, die rechte Hand vom Unterarm. Was die
Hitlersoldaten am Vorabend mit Pfennigen erkauften, mordeten sie am
folgenden Tage im Trunke kriegerischer Banalitat und antisemitischer
Gefolgschaft.